Was ist Nahrung?

Nahrung ist einfach definiert die Summe aller stofflichen, regelmäßig benötigten Komponeten und ihrer physikalischen Zustände, die zur Erhaltung des Körpes dienen. Nahrungsmittel sichern damit die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen (Stoffwechsel- und Energiebilanz), erhalten als "Bausteine" die Struktur des Organismus und können auch die Gesundheit beeinflussende Bestandteile haben (häufig durch sogenannte sekundäre, pflanzliche Inhaltsstoffe).

Zwar verbietet das deutsche Lebensmittelrecht die Werbung mit gesundheitlichen Wirkungen von Lebensmitteln, dennoch kann nicht geleugnet werden, dass Nahrungsmittel einen deutlichen Einfluss auf die Gesundheit ausüben: z.B.

- zuviel Kohlenhydrate  führen zur Adipositas (Fettleibigkeit), da der Säugetierkörper überschüssigen Zucker relativ rasch über den C2-Stoffwechsel in Fette umbaut,

- zuviele purinhaltige Eiweiße erhöhen das Risiko einer Gichterkrankung, da die Purine von der Leber nicht mehr vollständig zum Allantoin umgebaut und ausgeschieden sondern als Harnsäure in den Gelenken abgelagert werden,

- zuviel Cholesterin erhöht das Risiko einer arteriellen Verschlusskrankheit (Arteriosklerose),

- andererseits können eine Reihe sekundärer, pflanzlicher Stoffe z.B. antibakteriell wirken (Bärentraube uva ursi durch freies Hydrochinon*), den Cholesterinspiegel senken (Sitosterine, in fetten Pflanzenteilen Weizenkeim, Sesam, Sonnenblumensamen), vor Radikalen schützen (Tocopherole), blutungsstillend wirken (Geranium robertianum), gallenflussanregend wirken (Achillea millefolium*, Schafgarbe), anthelminthisch (entwurmend) wirken (Artemisia cina, Wurmsamen - Pflanzeninhaltsstoffe: u.a. Santonin*, Artemisin), darmberuhigend wirken (gegen Flatulenzen, Tormentill (Blutwurz), Potentilla erecta) usw.

Das Schema zeigt auch die stofflichen Umwandlungsprozesse von Eiweißen in Zucker und von Zuckern in Fette; einige Bestandteile z.B. Ballaststoffe dienen nur der Ausscheidungsverbesserung ohne selbst als Nahrungskomponente verwertet zu werden.

Da jeder Stoff (jede Chemikalie) in bestimmter Weise mit den Körperfunktionen in Wechselwirkung tritt, können künstlich zugesetzte Stoffe (also solche, die im Nahrungsmittel von Natur aus nicht vorhanden sind, Zusatzstoffe) einen Einfluss auf die Stoffwechselfunktionen des Körpers haben.

Beispiele hierfür sind:

- Selen, triggert die Umwandlung des T4-Schilddrüsenspeicherhormons (Thyroxin) in das physiologisch aktive T3-Hormon (Trijodthyronin) mit Hilfe der Thyroxin-5-Dejodase, wodurch im negativen Extremfall eine Hyperthyreose ausgelöst werden kann,

- Zucker über das im Nahrungsmittel natürlich vorhandene Maß hinaus führt zur Adipositas,

- einige B-Vitamine triggern den Methylenstoffwechsel (C1-Stoffwechsel), wodurch Giftungsreaktionen vermehrt werden können,

- Vitamin-C ist nicht speicherfähig und wird von vielen Säugetieren (ausgenommen Primatentiere und der Mensch) in der Leber produziert, wodurch die Nieren ein Vitamin-C-Überangebot ausscheiden müssen,

- Natrium in Form von überschüssigem Kochsalz (Natriumchlorid) wird über die Natriumdiurese wieder ausgeschieden; dies kann die Nieren belasten.

Einen entscheidenden Einfluss auf das für ein Säugetier artgerechte Nahrungsangebot hat die natürliche Nahrungsaffinität des Tieres, ob es ein Fleischfresser  (Carnivore) - erkennbar an der tribosphenischen Bezahnung - oder ein reiner Pflanzenfresser (Herbivore) ist - erkennbar an selenolophodonter und hypsodonter Bezahnung. Während Hunde und Katzen ausgeprägte Carnivoren sind und mit ausgeprägt pflanzlicher Kost kaum ihren Eiweißbedarf decken können, sind Herbivoren wie z.B. Paarhufer insbesondere Wiederkäuer durch eine proteinreiche (Tiermehle) oder eine stark zuckerhaltige Fütterung überfordert; deren Gärmagen (Pansen) dient natürlicherweise dem Aufschluss schwer verdaulicher Pflanzenteile wie z.B. Wurzeln. Als typische Weidetiere sind Pferde eher an krautige (sauergrasartige) Nahrung angepasst und reagieren auf ein Zuckerüberangebot mit Adipositas und Hufentzündungen (Lactatwerte erhöht).

Ein auf die Gesundheit einwirkender Faktor ist die Zusammensetzung der Darmflora. Das Wachstum der im Dickdarm siedelnden Bakterien wird über die Nahrungsbestandteile bestimmt. So fördern z.B. zuckerhaltige Nahrungsmittel die Besiedelung durch Escherichia-Stämme, jedoch auch entero-hämorrhagische und auch enterotoxische Stämme. Durch Zucker wird oft die Anaerobie (Sauerstofflosigkeit) im Darm gesteigert, wodurch das Wachstum z.B. von sporenbildenden Clostridien (z.B. Clostridium difficile) gefördert wird, da diese in dem anaeroben Milieu ihren Sporenstatus verlassen. Unter diesen Bedingungen können auch zunächst geringfügig pathogene Hefen ihre Siedelungsaktivität deutlich steigern.

Ein wichtiger Teil des Immunsystems befindet sich im Darmtrakt: der Blinddarm, Caecum. Hier befindet sich ein ausgeprägtes Lymphozytenareal bestehend aus einer großen Dichte an T-Helfer-Zellen (TH2) und B-Lymphozyten, die Antikörper als spezifische Immunantwort produzieren. Somit ist das Caecum neben der Milz (und beim jugendlichen Tier dem Thymus) eines der wichtigsten Organe der spezifischen Immunabwehr. Hier reagiert der Körper auf pathogene Veränderungen der Darmflora direkt und gezielt.

Da die Ernährungsthematik sehr komplex und unser Wissen darüber noch lückenhaft ist, kann eine "ideale Ernährungsempfehlung" nicht gegeben werden. Hierbei sind oft individuelle Konstitutionsmerkmale zu berücksichtigen, die auf die Art und Weise einen Einfluss haben, wie der Körper Nährstoffe verwertet. So sollte man eine individuelle Kompromisslösung erarbeiten, um das Bestverträgliche für das Tier bereitzustellen. Unsere Tiere können bestenfalls über körpersprachliche Signale uns mitteilen, was ihre Vorlieben sind.

* Anmerkung: einige, pflanzliche Inhaltsstoffe besitzen eine toxische Wirkung (hier bedarf es einer genauen Dosierung, um Vergiftungssymptome zu vermeiden)

© Manfred Heinz-Tegen, Dipl.-Chemiker, Tierheilpraktiker IK für Klein- und Großtiere, www.mheinztegen.de

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