Schwalben - erstellt (©) von Manfred Heinz-Tegen (www.mheinztegen.de)

Schwalben (Hirundinidae) gehören zu den Sperlingsvögeln. Der gabelförmige Stoß (Schwanz) ist bei dieser Vogelfamilie ein typisches Erkennungszeichen, wodurch ihre Silhouette geprägt ist. Sie jagen im Flug Insekten, was ihre Nahrungsquelle ist. Hierbei kommt ihnen zugute, dass sie den Schnabel im Flug weit aufsperren können.

Die bekanntesten Schwalbenarten sind die Mehlschwalbe (Delichon urbica; engl. House Martin), die ihre Nester bevorzugt an Rauhputzfassaden mit überragendem Dach (Ostseite) anbringt, und die Rauchschwalbe (Hirundo rustica; engl. Swallow), die wie ihr Namenszusatz rustica schon zu erkennen gibt, in offenen Scheunen und Ställen (Pferde- und Kuhställen) im Gebälkbereich nistet. In freier Wildbahn ohne menschliche Bebauung sind die Tiere auf geeignete Felsvorsprünge angwiesen, die ausreichenden Schutz vor Nesträubern bieten.

typische Silhouette der Mehlschwalbe: Größe bis 12 cm, Gewicht ca. 20 g, maximale Lebenserwartung von 14 Jahren

typische Silhouette der Rauchschwalbe: Größe bis 18 cm, Gewicht ca. 20g, maximale Lebenserwartung von 16 Jahren

Weitere Arten sind z.B. die Uferschwalbe (Riparia riparia; engl. Sand Martin), die in sandigen Uferböschungen ihre Nester baut, die Felsenschwalbe (Ptyonoprogne rupestris, engl. Crag Martin), die im alpinen Raum sowie an Steilküsten beheimatet ist, und die Rötelschwalbe (Cecropis daurica, engl. Red-rumped Swallow), die ein Felsen- als auch Brückenbrüter ist.

Häufig stören sich Hausbesitzer an einer gemutmaßten Kotverunreinigung ihrer Immobilie, wodurch leider immer wieder Nester eher aus Unwissenheit zerstört werden. Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG, §20 (1)) verbietet die "Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung" von "Nist-, Brut-, Wohn- und Zufluchtsstätten geschützter Vogelarten", wozu die Schwalbe gehört. Eine einfache Lösung ist die Anbringung eines Kotbretts, wie im folgenden Bild zu sehen, das einmal jährlich nach der Brutsaison (kurz vor dem Winter) trocken abgekehrt wird.


Es ist eine typisch menschliche Eigenschaft, Lebewesen unserer Welt in die Kategorien "nützlich" und "unnütz" zu unterteilen, was in einer zunehmend durch unsere Aktivitäten belasteten Umwelt (Klimawandel, Globalisierungsschäden usw.) immer weniger Sinn macht, da es inzwischen eher um die Kategorien  "gefährdet, stark gefährdet und vom Aussterben bedroht" geht.

Nach diesem Denkschema ist die Schwalbe eindeutig der Nützlingskategorie zuzuordnen, da sie als Insektivore (Insektenfresser) Ernteausfälle klein hält und Insekten frisst, die als sog. Vektoren* Infektionskrankheiten übertragen können.


Durch zunehmend unwirtliche Bebauung und Rückbauten offen zugänglicher Stallungen wird es für diese ganz besonderen Vögel immer schwerer, geeignete Nistplätze zu finden und ihren Bestand zu sichern. Eine praktische Anleitung zum Bau von Nisthilfen finden sie auf der Website des Naturschutzbundes unter www.nabu.de.

Die heimischen Schwalbenarten und ihre Verbreitung können als Bioindikator für die Beschaffenheit unserer ländlichen Umwelt gesehen werden. Da die Schwalben von Insekten leben, die über Feldern, Freiflächen und Gewässern aufsteigen, hängt ihre Lebensentwicklung (Vermehrung: Bruthäufigkeit, Eiqualität und erfolgreiche Aufzucht; Gesundheit und Lebenserwartung) entscheidend von dem toxikologischen Zustand der Nahrungsinsekten ab. Enthalten diese durch Insektizide und andere Umweltgifte möglicherweise neurotoxische oder hormonell wirkende Chemikalienrückstände, verändert sich zwangsläufig der Gesundheitszustand der Schwalben; hier kommt es zusätzlich zu bioakkumulativen Effekten (Anreicherung von Giftstoffen im Körpergewebe insbesondere Fettgewebe). Die ADI-Werte** gängiger Pflanzenschutzmittel liegen teilweise im Bereich einiger tausendstel Milligramm pro kg Köpergewicht und Tag. Einige hochwirksame Umweltgifte entfalten ihre Wirkung bereits im ppb***-Bereich. Diese Werte gelten allerdings für den Menschen (Ruheherzfrequenz ca. 60 - 80 Schläge je Minute, Körpertemperatur 37° C). Der Organismus eines ausgewachsenen Vogels weist wegen seines hochkalorischen Stoffwechsels hierbei ganz andere Werte auf:

  1. Herzfrequenz in Ruhe ca. 200 Schläge je Minute und höher,
  2. Herzfrequenz im Flug ca. 400 Schläge je Minute und höher,
  3. Körpertemperatur von ca. 39,5 - 42,5°C (Sperlingsvögel - die Temperaturspanne ergibt sich u.a. aus dem Unterschied zwischen Nacht- und Tag-Kerntemperatur).

Dadurch, dass Schwalben zu den weit ziehenden Zugvögeln gehören - teilweise bis Südafrika, benötigen sie seltener die speziellen Winterüberlebenstechniken einiger, nicht ziehender Vögel (z.B. Kerntemperaturabsenkung, Kältezittern). Dennoch können sie bei Schlechtwetterphasen mit einstelligen Außentemperaturen oder Nachtfrösten ihren Energiestoffwechsel und ihre Kerntemperatur bis hin zu einer Kältestarre absenken.

Die Jungvögel im Nest schützen sich vor zu hohem Energieverlust bei geringen Umgebungstemperaturen, indem sie in die Kältestarre (Torpor) verfallen und sich gegenseitig wärmen.

Die Brutsaison der Mehlschwalbe beginnt Mitte Mai und endet Ende September, wobei sie ca. 2 Bruten je Saison zeitigen. Die Eigröße beträgt ca. 1,3 cm und 1,8 cm beider Oval-Durchmesser und der Gewichtsbereich schwankt zwischen 1 und 2 g; die Gelegegröße variiert zwischen 4 und maximal 6 Eiern, wobei die mittlere Brutzeit zwischen 12 und 15 Tagen liegt.

Das Nahrungsspektrum einer Schwalbe reicht von Mücken, Fliegen über (flugfähige) Käfer bis hin zu Schmetterlingen und sogar Blattläusen. Die täglich von einer Schwalbe aufgenommene Nahrungsmenge an Insekten liegt zwischen 25 und 40 g, somit zwischen 100 und 200% des eigenen Körpergewichts.

Deswegen und wegen der stoffwechselphysiologsichen Eigenarten kommt es schneller zu einem Wirkungseintritt durch toxische Stoffe.

Durch moderne Stallanlagen (z.B. Rinderlaufställe, hochautomatisierten Zuchtanlagen) werden die Refugien für Rauchschwalben deutlich verringert, weswegen die Anlage künstlicher Nisthilfen für diese sehr stark dezimierte Schwalbenart sinnvoll ist.


Anmerkung:    

* = Vektoren: Tiere, Pflanzen, die ohne selbst zu erkranken, infektiöses Material übertragen

** = ADI-Wert: (accaptable daily intake), tägl. akzeptierbare, in den Körper aufgenommene Konzentration in mg / kg (Körpergewicht) x Tag

*** = ppb: parts per billion - 1 Teil (Molekül) auf 1 Milliarde oder 1 Millionstel g auf 1 kg

 

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